Blinker links

Es sind immer wieder die Momente, in denen sie alleine in ihrem Wagen den Heimweg beschreitet, die sie über all das Vergangene nachdenken lassen.

Sei es der hinter ihr liegenden Arbeitstag, in denen sie sich wieder mit der Beschaffung von Produktionsmaterial beschäftigt hat, fallende oder steigende Dollarkurse oder auch mal wieder das Getratsche der anderen über die Kollegin, die schon wieder zu viel Dekolletee zeigt….

Vor ihr liegt mal wieder ein stockender Verkehr, sie dreht die Musik auf, aus den Boxen hallt U2 mit „with or without you“ und der Sonnenuntergang verschwindet in der Ansammlung roter Bremslichter. Manchmal passiert es ihr auch, dass sich ihr Blick wie aus dem Nichts trübt. Alles verschwimmt vor ihr und das Leben scheint surreale Windungen mit sich zu bringen. Wie durch einen Schleier nimmt sie das Stop and Go vor sich wahr, ist sie in Gedanken doch wieder in ihrer Welt. Eine Welt, die perfekt zu sein scheint. Lächelnd und befreit beobachtet sie die genervten Fahrer, die von links und rechts langsam an ihr vorbei ziehen. Sind die Tränen, die in ihren Augen gefangen sind eine Art Demut vor dem Leben? Freude? Achtung? Glücksgefühl oder einfach nur Ausdruck ihrer Zufriedenheit?

Manchmal, manchmal passiert es wirklich: Ein kleine Lücke entsteht, man setzt klammheimlich den Blinker nach links, huscht ohne nachzudenken rüber, zufrieden mit dem Gedanken, auf der Überholspur gelandet zu sein.

Sie wischt sich ihre Tränen weg, alles Aufgestaute ist verschwunden und sie möchte nur eines: Ihre Lieben gleich in den Arm nehmen und den Tag mit ihnen gemeinsam abschliessen.

Das Gras wachsen hören (Gastbeitrag von Schlafmütze)

Hat sich eigentlich schon mal jemand Gedanken darüber gemacht, warum manche Menschen das Gras wachsen hören?
Das spricht man so schnell dahin, aber was sagt man damit eigentlich? Und wann gewöhnlich? Und zu wem und zu wem nicht?

Ich meine, wir alle beschäftigen uns ganz selbstverständlich jeden Tag mit internationaler Weltpolitik, aber was ist denn aus dem guten alten Rasen direkt vor der eigenen Haustür geworden?

Also „das Gras wachsen hören“ geht ja jetzt nicht wirklich, also zumindest so rein ohral betrachtet.
Das kann jeder im Selbsttest ausprobieren und gewöhnlich reichen 30-45 Minuten Hörprobe im Park unter einer Linde oder auf dem grünen Hundestreifen neben dem Spielplatz aus, um sich ein eigenes Urteil zu bilden. Es bedarf also keiner umfangreichen Studien, um zu gelegen, dass Gras relativ geräuschlos wächst und kein Mensch etwas davon hören kann; auch nach übermäßiger Düngung oder einer Kahlmähung am Samstagnachmittag nicht.

Trotzdem scheint es aber besondere Menschen zu geben, die das Gras wachsen hören. Interessanterweise behaupten diese Menschen diese Fähigkeit niemals von sich selbst, sondern nur die Mitmenschen drum herum sind manchmal dieser Ansicht. Das führt – konsequenterweise – zu dem Paradoxon, dass zwar jeder einen kennt, der das Gras wachsen hört, aber man ist es niemals selbst! Ich finde das merkwürdig.

Nehmen wir – wenigstens für einen Moment lang – mal an, jemand kann doch das Gras wachsen hören; was hört er denn dann??
Ist es eher ein Knirschen, ein Brummen, ein Summen oder ein Reiben? Entspricht der Frequenzverlauf eher einer Sinuskurve oder einem gleichschenkligen Dreieck mit Hypotenusenkrümmung? Und was sagt eigentlich Dr. House dazu?

Es gibt ja auch tonnenweise verschiedener Arten und Sorten bei Gräsern, beispielsweise strapazierfähiges Weidelgras, die zierliche Wiesenrispe, das feinblättrige Straußgras oder den sehr langsam wachsenden härtlichen Schwingel (nicht Schwengel, das ist was anderes, obwohl das in DIESEM Blog sehr wohl auch immer mal wieder ein schweinisches Thema ist).
Könnte jemand, der das Gras wachsen hört, bei „Wetten, dass…“ (sofern es das überhaupt noch einmal geben wird) wetten, dass er innerhalb von drei Tagen konzentrierten Zuhörens 100 Grassorten einwandfrei mit dem Gehör bestimmen kann?
Hören sich Gras und Gras (ja, das andere Gras, das, dass so schöne bunte Farben vor die Augen zaubert) unterschiedlich an? Oder ist Gras eben Gras bleibt Gras und war schon immer Gras?

Vielleicht lässt sich schon deshalb keine genaue Antwort auf diese doch eigentlich recht simplen Fragen finden, weil wir uns noch gar nicht damit beschäftigt haben, was mit Gras eigentlich gemeint ist. Es Scheint vielmehr eine Metapher zu sein, hat also eventuell eine Bedeutung, die eigentlich auf etwas ganz anderes übertragen werden kann.
So, wie wenn man zu jemandem „du Dummbeutel“ sagt; natürlich ist diese Person nicht wirklich ein Beutel voller Dummheit, aber ein Bild sagt nun mal mehr als tausend Worte. Oder die neue Freundin des besten Freundes ist eine „echt heiße Torte“ (geht ja gar nicht, würde ja wegschmelzen). Oder die „Muckibude“ um die Ecke, wo es doch gar keine Kaninchen gibt und entsprechende Geschäftskonzepte auch nicht bekannt sind).

Unser Leben ist voll von Metaphern und Redewendungen.
Aber gehört „das Gras wachsen hören“ auch dazu?

Gras scheint überhaupt ein beliebtes Wort für etwas wörtliches Gesagtes mit einem ganz anders Gemeinten zu sein.
– „Ins Gras beißen“
– „Warten, bis Gras über die Sache gewachsen ist“
– „Wo der hintritt, da wächst kein Gras mehr“
– „Den Wühltisch abgrasen“

Es deutet also alles darauf hin, dass mit Gras eigentlich nur sehr selten auch wirklich Gras gemeint ist (was übrigens den zunehmenden Absatz von Rasenmähern nicht negativ beeinflusst und lediglich in dunkeln Bahnhofsecken ab und zu mal zu Verwechslungsproblemen führt).
Schnaps ist Schnaps, aber Gras ist nicht Gras. Ist komisch, ist aber so. Und das, obwohl Schnaps ja in vielen Fällen auch irgendwie aus Gras gemacht wird.

Wenn wir über jemanden sagen, dass er das Gras wachsen hören kann, dann meinen wir also etwas anderes.
Wenn ich das über jemanden sage, dann meine ich eigentlich, dass dieser jemand ein „Rad ab“ hat. Oder „den Schuss nicht gehört“ hat. Oder „nicht mehr alle Latten am Zaun“ hat.

Ist am Ende doch ganz einfach, oder? 😉

(Vielen Dank an die Schlafmütze!)

Die geile Prinzessin

Es war einmal eine Prinzessin, die dachte immer wieder an Sex. Sie war blond, rassig und hatte ein absolutes Faible für Schuhe, vor allem für Bettschuhe.

Eines Tages, als sie beim täglichen Bondage mit ihren Bettschuhen so in den Seilen hing, klingelte das Haushaltstelefon, nicht das andere mit der Domina-Leitung. AJ war dran, und mit aufgeregter, weinerlicher Stimme bettelte er, dass er jetzt schon über zwei Wochen keine Mohrrüben mehr hatte und sowieso die neuen Bettschuhe noch nicht kennt. Die Prinzessin, die ja alle ihre Rollen gut spielt, seufzt innerlich, löst sich von der Domina-Persona und gleitet aus den Bettschuhen um sich in die Küche zu begeben.

Flugs schnappte sich die Prinzessin auf dem Weg in die Küche das knallrote Paar Pumps, denn auch in ihrer Rolle als Küchenfee legte sie Wert auf ein gepflegtes Äußeres. Frau weiß ja nie, wer oder was ihr so über den Weg läuft. Zum Glück sind die Vorratsschränke der Prinzessin immer mit den leckersten Lebensmittels ihres und auch anderer Länder gefüllt und so griff sie beherzt zu zwei knackigen Mohrrüben, um AJ Seelenheil zu retten.

Plötzlich läutete das Heiko-Phone. Am Telefon waren AJ und Heiko, die auf Heikos Terrasse in der Sonne saßen, in der einen Hand ein Bier (Heiko) in der anderen Hand einen Kakao (AJ).Vor ihnen räkelten sich lasziv drei sehr sparsam bekleidete Babes in Bunny-Kostümchen zu 70er Jahre Porno-Musik. AJ brüllte der Prinzessin ins Ohr: “Schatzi, pack dir ein paar Mohrrüben ins Dekolleté, schmeiss dich in Deinen von Versace verzierten schwuchtel-pinken Hubschrauber und bring deinen sexy Luxus-Arsch hierher! Ach ja… Zieh deine Overknees an und bring deine Peitsche mit! Wir wollen heute Abend alle zusammen essen gehen!”

Die Prinzessin überlegte nicht lange, wobei es nur das Wörtchen PEITSCHE war, was sie tatsächlich dazu bewog, ihren Knackarsch in den besagten schwuchtelpinken Hubschrauber zu setzen (mit mehreren Paaren Bettschuhe und zwei Möhren beladen) um in die Kasa Kanzler zu fliegen. Dort angekommen, setzte sie den Hubschrauber gekonnt lässig im Park ab, drehte sich lasziv aus dem Cockpit heraus, nicht, ohne vorher ihre Overknees noch mal gerade zu ziehen.

Hüfteschwingend ging sie dann mit Möhrchen in der einen und Bettschuhen in der anderen Hand auf die Gruppe auf der Terasse zu. Gefolgt von den gebannten Blicken der Nachbarn, die sich ernsthaft fragen, was der Gärtner wohl sagt, wenn er das pinke Scheusal auf seinem britischen Rasen vorfindet. Von den Löchern im Rasen, die die Absätze der Overknees hinterlassen, mal gar nicht zu sprechen!

Lady Pssst! stakst elegant, mit dem Knackarsch wackelnd, über die Fläche vor der Casa und fixiert die drei Bunnies, die sich dort im Whirlpool herumräkeln und billigen Asti Spumante trinken. Wie langewilig, dachte sich Prinzessin Pssst! und musterte das Geschehen mit hochgezogener Augenbraue, während sie schnurstracks den Weg zu ihren Jungs suchte.

Bei ihnen angekommen, stellte sie sich breitbeinig (über ihren Overknees blitzte das Spitzenband und die Strapshalter ihrer Halterlosen Strümpfe hervor) vor die schon angetrunkenen Boys. Gekonnt ließ sie die Peitsche in ihrer rechten Hand sprechen, während sie das schwarze Bondageseil in ihrer linken als Gastgeschenk anbot.

Die Bunnies im Whirpool fingen derweil an, sich mit sich selbst zu vergnügen, wissend, dass sie gegen Prinzessin Pssst! so uninteressant sind, wie die Bibel in einem Freudenhaus. AJ und Heiko schauten sich fragend an und wußten nicht mit der Situation umzugehen. AJ nippte an seinem Kakao, von dem er, wegen seiner Laktoseunverträglichkeit ohnehin bald Probleme bekommen würde, während Heiko sich gierig mit seiner Zunge die Lippen befeuchtete.

Grinsend schaute Lady Pssst! die Jungs an und musste laut lachen, stolzierte elegant an den Jungs vorbei um ins Bad zu kommen, damit sie endlich diese scheiss ungemütlichen Klamotten ausziehen konnte um in ihren Schlabberhausanzug zu schlüpfen.

Als sie fertig war, ging sie schnell noch in die Küche, ehe sie sich zu ihren Babes auf die Terrasse setzte und sagte:

„Jungs, ich hab Euch auch ’nen Bier aus dem Kühlschrank gebracht!“ 😛

Am Morgen

Durch die Schlitze der Rolladen dringt das Sonnenlicht herein und Sie öffnet langsam die Augen. Da wo er gestern noch lag ist das Bett leer und ihre Hand tastet suchend in seiner Betthälfte. Bedauernd stellt Sie fest, dass auch hier nichts von dem Körper zu finden ist, der sie gestern Nacht so begehrte und liebkost hat. Kurz verwirrt ordnet sie nun auch die Geräusche aus der Wohnung richtig. Sie seufzt und schließt lächelnd ihre Augen.

Aus dem Flur dringen Schritte und leichtes Geklirre, dann öffnet sich leise die Tür. Sie lässt weiterhin ihre Augen geschlossen um ihn im Glauben zu lassen, dass sie noch schläft. Er kommt in das Schlafzimmer und stellt ein Tablett neben dem Bett ab. Dann hört sie, wie er die Rolladen ein wenig hochzieht und das Fenster öffnet. Von draußen weht eine leichte sommerlich kühle Morgenbrise hinein. Der Duft von frischem Kaffee und warmen Brötchen kitzelt in ihrer Nase.

Sie spürt, wie er sich ihr nähert, sein Atem streift ihre Haut. Ein leichter Kuss erblüht auf ihren Lippen und er raunt ihr lächelnd zu „Ich weiß, dass Du wach bist, mein Engel. Guten Morgen Schatz.“

Müde schaut sie ihm in die Augen, sieht das Lachen in seinem Blick und seufzt auf. Neben dem Bett steht ein Tablett mit Kaffee, Milch, Süßstoff, zwei Tassen, Brötchen, Butter und Marmelade. Mittendrin thront eine weiße Lilie mit einem kleinen Kärtchen. Sie schaut ihn fragend an und greift nach dem kleinen Umschlag, öffnet ihn und liest die Worte. Ihr Blick sucht den seinen, sie richtet sich auf, umarmt ihn und sie küssen sich mit einer Zärtlichkeit, für die es neue Maßstäbe bedarf. Sie lassen sich gemeinsam wieder auf das Bett sinken, ihrer Hand entgleitet die offene Karte.

„Für die beste Frau der Welt.“

Lehrjahre

…sind bekanntlich keine Herrenjahre.

Und Damenjahre schon mal gar nicht! Ich mußte wirklich lauthals lachen, als ich MC’s Sticky-Posting las und gleichzeitig an meine Lehrzeit dachte.

Oh ja, irgendwie war ich das weibliche MC-Pendant, aber leider unfreiwillig. Ich konnte mit meinen damals 16 Jahren ja auch nichts dafür, das mein Dekolté schon am Kehlkopf anfing. Mutter sagte immer: „Kind, du machst jetzt eine Ausbildung zur Industriekauffrau und mußt dich entsprechend kleiden!“ Gesagt, getan. Nur hat mir keiner gesagt, daß ich unter einem Blazer noch eine Bluse anziehen sollte. Eine weiße, mit Perlen bestickte Spitzencorsage, wie Madonna es uns damals vormachte,  fand ich viel schöner! (H)

Wie man das so kennt, wandert man in entsprechendem Turnus in die jeweiligen Abteilungen und irgendwann kam ich in den Einkauf. Der Job war super, hat mir viel Spaß gemacht, die Lieferanten gegenseitig auszuspielen und den König die Königin den Kunden zu spielen. So hatte ich auch recht schnell den Ruf weg, ein gutes Händchen für das Einkaufen von chemischen Rohstoffen zu haben.

Vielleicht war das auch der Grund, wieso mein direkter, kleiner, glatzköpfiger, alter, ekeliger, schleimiger, widerlicher Vorgesetzter dachte, er könnte mir beim Einkaufen doch noch was beibringen, in dem er mich erwirbt. Für gewisse Dinge…. :-O

Seine Masche war, mich wegen belanglosen Dingen in sein kleines, muffiges Büro zu beordern. Mit Ekelgefühlen mußte ich da natürlich immer rein, denn Opposition würde sich in dem 300 Mann Betrieb schneller rum sprechen als die WM-Absage von Kouranyi. Wie es sich gehörte, stand ich vor seinem Schreibtisch und fragte, um was es denn ginge (ich hasse es bis heute, wenn jemand ungefragt um den Schreibtisch rum kommt ohne Erlaubnis). „Komm doch bitte gerade mal zu mir her und schau Dir das mal an, ich darf doch DU sagen, das darfst Du übrigens bei mir auch, aber natürlich nur, wenn wir alleine sind!“ sagte er, während er mir mit seinen fetten Schleimgriffeln über den Hintern fuhr.

Mir wurde schlecht. Ich dachte, ich kotze ihm gleich auf seinen Schreibtisch. Dass er erregt war, konnte man sehen. ICH konnte es sehen. „Äh, entschuldigen Sie, Herr Fatzke (Name von der Redaktion geändert), aber meine Kontingente für ein „Du“ sind derzeit leider erschöpft. Ich bin für Sie nach wie vor Frau Pssst und Sie für mich Herr Fatzke!“. Er schnaubte einmal heftig und er roch aus dem Mund, wie ’ne Kuh aus dem Arsch. Ich bekomme jetzt noch Gänsehaut, wenn ich an den schmierigen Typ denke!

Daß der Rest meiner Ausbildung die Hölle war, muss ich wohl keinem sagen, aber ich konnte meine wunderschöne Erscheinung nach wie vor guten Gewissens im Spiegel betrachten, während ich neulich gehört habe, daß er seit Jahren geschieden ist und sich in Frauenkleidung in dubiosen Etablissements amüsiert.

Es gibt schon arme Kreaturen auf dieser Welt…

Agate und Anneliese

Alt aber immer wieder genial! (Y)

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Emotionslos?

Einige von Euch wissen, daß ich die letzten beiden Wochen Besuch von meiner Mum habe. Morgen fährt sie wieder nach Hause. Sie brachte ihren alten Fotoapparat mit, inkl. einem alten, 36-er Film drin. Darauf befanden sich die letzten Bilder von meinem Dad, ehe er gestorben ist. Das ist nun fast 2 Jahre her.

Als es passiert war, war es für uns alle ein Riesenschock. Ich als typisches Vatertöchterchen war komplett fertig mit der Welt. Auch wenn wir nicht immer gleicher Meinung waren und er sehr, sehr streng war, brach für mich ein Stück heile Welt zusammen.

Worauf ich letztlich hinaus möchte, ich habe den Film letzte Woche zum Entwickeln gebracht und ihn vorhin abgeholt. Meine Mum wartete ungeduldig, bis ich ihr die Bilder bringe, doch ich wollte mir alle in Ruhe anschauen. Alleine. So stand ich vorhin am Tresen des Photo-Shops und packte die Bilder aus. Bild für Bild schaute ich mir an, die Augen füllten sich mit Tränen und sie kullerten auch, als ich sein schmerzverzerrtes, von Medikamenten aufgedunsenes Gesicht betrachtete. Damals, zwei Tage vor seinem Tod rief er mich an und meinte nur: „Fröschchen, ich kann nicht mehr!“ Mir war klar, es war ein Abschied. Für immer.

Als ich die Bilder wieder in das Kuvert packte und ins Auto stieg, übermannten mich die Emotionen. Laut heulend musste ich mir den Druck von der Seele nehmen. Die Autofahrt dauerte keine fünf Minuten, bis ich zu Hause ankam. Meine Mum schaute mich ergriffen an, sie sah meine roten, verweinten Augen und wußte gleich Bescheid. Ich überreichte ihr das Kuvert und sie verschwand damit ins Wohnzimmer.Ich wußte, daß diese Situation an ihre nervlichen Grenzen gehen würde und bei mir switchte in  diesem Moment auch wieder die „Kälte“ um.  Ich konnte nicht zu ihr, sie in den Arm nehmen, trösten. Sie muss selbst damit fertig werden, wenn sich sich freiwillig damit konfrontiert. Cool bleiben, den eigenen Schmerz verdrängen. Selbstschutz? Keine Ahnung, bin keine Psychologin….

Das tat ich. Wie auf der Beerdigung damals. Ich war die Organisatorin ohne Gefühle, die dann zusammenbrach, als die Lichter aus waren, das Publikum weg und die Show vorbei. Mit Gefühllosigkeit hat das nichts zu tun. Definitiv nicht!

Einsamkeit

tulpenNoch immer sitzt sie da, wie in Trance, schaut wie paralysiert durch den Strauß Tulpen, der ihren Küchentisch schmückt. Und ebenso wie die Tulpen den Tisch zieren, erhält ihr Gesicht durch ihre Tränen eine besondere Note.  Eine Note, die ihr überhaupt nicht schmeckt, wie sie bemerkt, während die nächste, salzige Träne ihre Lippen erreicht.

Ihre Gedanken kreisen um ihr Leben. Sie lebt. Sie liebt. Aber immer ist der bittere Beigeschmack da, der sie von Zeit zu Zeit einholt. Sich aufopfern, hingeben, gut tun. Aber wem? Jemandem, der es nicht tu schätzen weiß? Jemandem, der es sich einfach macht und all das Vorteilhafte aus dem Ganzen egoistisch raus saugt? Sie fühlt sich verletzt, leer und ausgelaugt. Wie lange macht sie das mit? Wie lange lassen ihre Emotionen dies zu?

Die Einsamkeit ist nicht ihr Problem. Sie hat gelernt einsam zu sein. In schwierigen Momenten ist sie immer einsam. Gefühle sind erstarrt, denn die Einsamkeit hat sie verschlungen. Einsamkeit. Ein komisches Wort, ein falsches Wort? Sie weiß es nicht. In der Realität ist sie nicht einsam. Viele Freunde sind da. Das ist aber auch alles. Letzten Endes ist sie doch einsam, wenn sie alles addiert. Was bleibt, sind mutige Gedanken, die sich mutlos im Nichts auflösen.

Hoffnung heißt das Zauberwort, mit dem sie sich seit Jahren zufrieden gibt. Hoffnungsvoll  starrt sie mit glasigem Blick den Strauß Tulpen an und wünscht sich, endlich mal wieder zu erblühen. Aber wie jeder Strauß bunter Blumen dahin welkt und durch einen neues Bouquet ersetzt wird, weiß sie, daß sowohl Hoffnung als auch Gefühle immer wieder auf’s Neue erblühen können….